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© Georg Slickers/wikipedia.org

Einfluss von Insekten: Evolution zum Beobachten!

Ein Artikel von Red. | 18.10.2012 - 08:52
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Was passiert, wenn man Pflanzen in zwei Gruppen aufteilt und eine Gruppe vor schädlichen Insekten schützt und die andere nicht: Werden die Populationen sich aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen unterschiedlich entwickeln und ist diese Anpassung nach wenigen Jahren beobachtbar? Sind diese Veränderungen eine Evolution im Schnelldurchlauf?

Experimente belegen den Einfluss von Insekten
Ein Forscherteam untersuchte die Wirkung von Schadinsekten auf die genetische Ausstattung und die äußeren Merkmale der Gemeinen Nachtkerze (Oenothera biennis), einer selbstbestäubenden Pflanzenart, die ursprünglich aus Nordamerika stammt. Die Hälfte der Parzellen wurde durch regelmäßige (alle zwei Wochen) Insektizidbehandlungen mit dem Wirkstoff Esfenvalerat vor den Insekten geschützt. Die anderen Parzellen wurden nur mit Wasser gegossen und waren somit dem Insektenbefall ausgesetzt.

Unterschiede werden schnell deutlich
Die Forscher beobachteten die Pflanzen daraufhin über 5 Jahre und zählten jedes Jahr die Anzahl an Pflanzen und die verschiedenen Pflanzenarten, welche die Parzellen besiedelten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass sich die beiden Pflanzenpopulationen (mit und ohne Insektizid) im Laufe des Experiments auseinander evolvierten und die Veränderungen sich schneller etablierten, als die Forscher angenommen hatten. Einer von den ursprünglichen 18 Genotypen war völlig ausgerottet, und zwei weitere Genotypen waren nur noch in den behandelten Parzellen auffindbar. Neue Genotypen waren durch Auskreuzungen entstanden, wovon jedoch nur drei sich in ihrer Anzahl häuften. Die behandelte Pflanzenpopulation wies dabei eine deutlich gleichmäßigere genetische Zusammensetzung auf.

Einfluss auf die pflanzeneigene Abwehr
Mit Insektiziden behandelte Pflanzen reduzierten ihre Abwehr im Vergleich zu der unbehandelten Pflanzenpopulation: Es waren geringere Konzentrationen von giftigen Substanzen (sog. Ellagitanninen) in ihren Früchten nachweisbar. Die Früchte werden durch die giftigen Inhaltsstoffe für Fressfeinde, wie z. B. die samenfressende Mottenart Mompha brevivittella, ungenießbar. Unbehandelte Pflanzen waren wehrhafter, da sie mehr dieser giftigen Substanzen in den Samen anreicherten.

Behandelte Pflanzen blühen früher
Die Forscher beobachteten auch eine Veränderung des Zeitpunktes, zu dem die Pflanzen beginnen Blüten auszubilden. Frühes Blühen begünstigt dabei den Insektenbefall, spätes Blühen hingegen wirkt dem entgegen. Behandelte Pflanzen blühten nachweislich früher, als die unbehandelten Pflanzen. Somit stellt das verzögerte Blühen der unbehandelten Pflanzen eine natürliche Abwehrreaktion dar.

Natürliche Selektion durch Fressfeinde
Bei der unbehandelten Gruppe fand eine natürliche Selektion statt, d. h. die Pflanzen mit den vorteilhaften Merkmalen (mehr giftige Stoffe in den Samen, späteres Blühen) vermehrten sich stärker und setzten sich letztlich durch. In der mit Insektiziden behandelten Gruppe, war die Abwehr von Insekten keine überlebenswichtige Eigenschaft mehr, die Pflanzen reduzierten diese daraufhin.
In den behandelten Parzellen siedelten sich zudem deutlich mehr pflanzliche Konkurrenten an, wie beispielsweise Löwenzahn – doppelt so viele, wie in den unbehandelten Parzellen (mit Insekten). Hierdurch waren im direkten Vergleich weniger Nachtkerzen in den behandelten Parzellen anzutreffen. Durch die Insektizide wurden Insekten nicht nur von den Nachtkerzen, sondern auch von den Konkurrenten abgehalten.

Evolution muss nicht immer Jahrtausende dauern
Die Forscher schlussfolgern, dass die Veränderung in der genetischen Struktur der Populationen eine evolutionäre Folge der Selektion bestimmter Eigenschaften ist. Diese Entwicklung lief zudem sehr schnell ab. Bereits nach einer Generation hatten die Wissenschaftler Veränderungen in der Zusammensetzung nachgewiesen. Nach drei bis vier Generationen waren die Populationen schon signifikant unterschiedlich. Dies würde belegen, dass evolutionäre Veränderungen bei Pflanzen auch innerhalb kürzester Zeit vonstatten gehen können. Die Studie zeigt jedoch auch, dass die Fressfeinde die Abwehr von Pflanzen fordern und noch bessere Abwehrreaktionen begünstigen; wohingegen eine regelmäßige Behandlung der Pflanzen mit Insektiziden die natürliche Abwehr schwächen kann.

Quelle: Pflanzenforschung.de