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GPS-Satellitentechnik in der Baumschule

Ein Artikel von Peter Springer | 10.09.2012 - 09:35
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Das Verschulen von Gehölzen ist in den Baumschulen v. a. vom Zeitfaktor bestimmt. Die Pflanzen müssen ausreichend ausgereift sein, das Wetter muss passen und der Acker befahrbar sein. Vor allem bei sehr lehmigen Böden kann schon ein nasser Witterungsverlauf im Herbst die optimale Pflanzzeit erheblich reduzieren. Das Zeitfenster ist somit sehr eng, wenn es darum geht, die Jungware zum optimalen Zeitpunkt in den Boden zu setzen.

Rationalisierung notwendig
Um dennoch möglichst viele Bäume in den wenigen verbleibenden Tagen zu verschulen, wird über Rationalisierungsmaßnahmen nachgedacht. So auch in der Baumschule Wilhelm Ley aus Meckenheim in der Nähe von Bonn. Die Teams müssen dort jährlich rund 100.000 Bäume und an die 300.000 Jungpflanzen in den Boden setzen. Dank modernster Technik und einem streng koordinierten Betriebsablauf sind sie bei den Jungbäumen der Größen 6/8, 8/10 oder 10/12 in der Lage, bei optimalen Bedingungen stündlich rund 5.000 davon zu verarbeiten. Voraussetzung ist natürlich die entsprechende Vorbereitung des neuen Standorts und der reibungslose Nachschub an Jungbäumen. Als Problempunkt und Leistungsbremse hat sich in der Vergangenheit immer wieder die Vorbereitung des Standorts herausgestellt. Zunächst waren Teams tagelang damit beschäftigt, die neuen Flächen zu vermessen, mit Bambusstäben zu markieren und für die Laser vorzubereiten. Während des Pflanzvorgangs mussten für jede neue Reihe die Laser umgesetzt werden. Diese Zwangspause stoppte den gesamten Ablauf. Erst wenn die Laser gesetzt und neu justiert waren, konnte es weitergehen. Wertvolle Zeit ging verloren.

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GPS steuert Pflanzmaschine
Mit dem Frühjahr 2010 ist bei Ley ein neues Zeitalter angebrochen. Aufgeschult wird mit Hilfe der Satellitentechnik. Die Systemkomponenten dazu werden von John Deere angeboten und haben sich bereits in der Landwirtschaft bewährt. Im Prinzip ist es wie bei den bekannten Navigationsgeräten. Auch die arbeiten auf Basis von GPS (Global Positioning System), einer mehr oder weniger regelmäßigen Anordnung von 24 speziellen Satelliten in einer Höhe von rund 20.000 km rund um die Erde. Mit einem GPS-Empfänger lässt sich die aktuelle Position auf der Erde mit einer Genauigkeit von wenigen Metern ablesen und auf Wunsch in Beziehung zu einer Karte setzen. Als „i-Lösungen“ wird die Gruppe satellitenunterstützter, elektronischer Steuersysteme bezeichnet. Die „i-Module“ bestehen im Wesentlichen nur aus zwei Komponenten: dem GPS-Empfänger StarFire iTC, der die Position auf dem Acker bis auf 2 cm genau bestimmen kann und dem Monitor GreenStar, der die Bereiche Kontrolle und Programmierung vereint. Der Zusatz „iTC“ (integrated Terrain Compensation) beinhaltet einen integrierten Geländeausgleich: eine eingebaute elektronische Wasserwaage, die für eine optimale Spurgenauigkeit sorgt, auch wenn die Maschine am Hang arbeitet.
Beide Komponenten lassen sich leicht von einem Fahrzeug auf ein anderes übertragen. Im Prinzip wäre das „i-Modul“ auch in der Lage, das Fahrzeug selbsttätig zu lenken. Das hätte in der Baumschule Ley aber eine neue Fahrzeuggeneration erfordert, was mit hohen Kosten verbunden wäre. So werden die Traktoren noch manuell gelenkt. Das erfordert allerdings auch einiges an Übung. Abweichungen von der Ideallinie zeigt der Monitor zwar an, reagieren muss aber der Fahrer. Da ist permanent Konzentration gefragt. Darüber hinaus gibt es pausenlos Hinweise vom Team auf der Pflanzmaschine, denn je nach Bodenbeschaffenheit oder auch Ausprägung des Pflanzgutes wird die Pflanztiefe vom Fahrer korrigiert.

Vorteile der GPS-Technik
Die Vorteile des neuen satellitenunterstützten Steuersystems sind aber offensichtlich. Zunächst fällt die aufwändige manuelle Vorbereitung weg. Das betreffende Flurstück wird digital erfasst und die optimale Ausnutzung der zu bepflanzenden Flächen entsprechend den kulturtechnischen Vorgaben errechnet. Dank dieser Digitalisierung muss ein Quartier auch nach vielen Jahren nicht wieder neu eingemessen werden. Pflanzreihen und Fahrwege lassen sich wieder an derselben Stelle erzeugen. Dank der neuen Technik sind die Pflanzteams der Baumschule Ley in der Lage, statt 5.000 nun 6.000 Bäume je Stunde in den Boden zu setzen. Und das mit einer Genauigkeit im Reihenabstand von rund 2 cm. Die Geschwindigkeit des Traktors beträgt dabei 2 km/h. Es ginge auch noch schneller, hieß es vom Fahrer – das würde dann aber die Pflanzmannschaft überfordern und auch für Probleme im Nachschub sorgen. Die Leistungssteigerung von rund 20 % ist erheblich und wirkt sich direkt auf die Betriebskosten aus.

Tiefgreifende Einsparungen
Das System kann aber noch mehr. In den Bereichen der Bodenbearbeitung und der Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ist mit den satellitenunterstützten Steuersystemen eineexaktere und damit ressourcen- und umweltschonende Arbeitsweise möglich. So lässt sich beispielsweise die erforderliche Spritzmenge im Voraus berechnen. Die Überwachung aller Vorgänge erfolgt mit dem ISOBUS-System von nur einem Monitor aus. ISOBUS ist der Name für die internationalen Schnittstellen von Traktoren und Anbaugeräten. Eine automatische Teilbreitenabschaltung steuert die Ausbringung Pflanzenschutzmittel an besonders heiklen Stellen wie Vorgewende oder Keilen. Bei anderen Anbaugeräten wie beispielsweise der Bodenbearbeitung hilft das System, Überlappungen zu vermeiden und eine höhere Arbeitsgeschwindigkeit fahren zu können.

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Hilfreiche Dokumentation
Letztendlich ist mit dem System auch die genaue Leistungsanzeige sowie eine umfassende Datenerfassung und digitale Dokumentation (Quartierverwaltung) möglich. Die Daten lassen sich in die Bürosoftware übertragen und analysieren. Jeder neue Arbeitsgang verfügt somit über die Daten der vergangenen Jahre: Name und Lage des Quartiers, Bodenbearbeitung, Pflanzenart, Bestandsdichte, Düngemitteleinsatz, Pflanzenschutzmaßnahmen usw. In Zukunft könnte also der genaue Standort einer Pflanzensorte mittels GPS digital abgelegt und bei Bedarf in den Quartieren problemlos aufgesucht werden.

Höchste Genauigkeit durch RTK-Signal
Die höchste von vier Spurführungsgenauigkeitsstufen ist in der Baumschule Ley im Einsatz, weil hier im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Großflächen ein exakter Reihenabstand zur optimalen Ausnutzung der Fläche nötig ist. Voraussetzung dafür ist allerdings neben dem GPS-Signal ein zusätzliches RTK-Signal. RTK steht für Real Time Kinematik. Es ist ein hochgenaues Korrektursignal, welches über ein enges Netz von einer stationären Referenzstation ausgesendet wird. Bei Ley befindet sich die Station auf einem der Gebäude der Firmenzentrale und versorgt die umliegenden Baumschulflächen in einem Durchmesser von rund 12 km mit dem benötigten Signal. Die RTK-Erweiterungsfunktion gewährleistet den Betrieb auch dann, wenn es zu einer vorübergehenden Unterbrechung der Signallinie kommen sollte.
„Das System war nicht billig“, erzählt Christoph Dirksen, Geschäftsführer der Baumschule Wilhelm Ley, „aber unsere Lasergeräte kamen so in ihre Jahre und hätten erneuert werden müssen. Das Geld dafür haben wir dann lieber in eine moderne Technik gesteckt, die ausbaubar ist und es uns in Zukunft ermöglicht, viele Arbeitsvorgänge in der Baumschule samt der Quartierverwaltung mit einer Einsparungsquote von 5 bis 20 % zu rationalisieren. Somit eine Investition, die einen ansehnlichen Wettbewerbsvorteil beinhaltet.“

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Einfach nachzurüsten
Um bereits vorhandene Geräte mit einer GPS-Steuerung auszurüsten, sind einige Veränderungen notwendig. Am einfachsten ist die Ausstattung mit einem entsprechenden Empfänger. Aufwendiger und teurer ist die Steuerungstechnik selbst. Als sehr genaue, aber auch aufwendigste Variante gilt die direkte Übertragung in die Lenkhydraulik des Schleppers. Preiswerter sind hingegen Lenkassistenten. Sie bieten außerdem die Möglichkeit, sie bei Bedarf auf ein anderes Arbeitsgerät zu übertragen. Assistenzsysteme gelten aber gegenüber den automatischen Lenksystemen als etwas ungenauer. Manuelle Lenkhilfen bieten sich für Kulturarbeiten ohne Fahrgassen an und gelten als preisgünstigen Einstieg in die GPS-Technik.

Erste Systeme auch im Zierpflanzenbau
Inzwischen haben mehrere Anbieter von Agrarmaschinen Lenksysteme mit in ihr Programm aufgenommen und es den speziellen Arbeitsgebieten angepasst. Auch den Zierpflanzenbau hat die satellitenunterstützte Steuerungstechnik inzwischen erreicht.
Erste Systeme arbeiten auf Containerstellflächen und optimieren auch hier die Arbeitsvorgänge. Im Mittelpunkt steht derzeit der Rück- und Ausstellroboter „Ter-A-Spacer“ vom belgischen Maschinenbau-Unternehmen Degramec. Das Gerät arbeitet vollautomatisch und kann stündlich bis zu 10.000 Töpfe auf entsprechend befestigten und ebenen Flächen ausstellen. Der „Ter-A-Spacer“ ist ein Multifunktionsgerät – er kann nicht nur Töpfe ausstellen, sondern auch aufnehmen und vereinigt damit die Funktionen Ausstellen, Rücken und Ernten. Die Abstände der Reihen entstehen durch die Fahrt des Gerätes. Das Ganze besitzt eine äußerst hohe Präzision, denn der „Ter-A-Spacer“ orientiert sich auf der Fläche mit Hilfe von zwei GPS-Satellitenempfängern. Eingegeben werden die Koordinaten der Stellfläche sowie der gewünschte Topf- und Reihenabstand. Alles andere regelt und kontrolliert der Absetzroboter. Sämtliche Daten werden gespeichert und lassen sich bei Bedarf wieder abrufen. Soll die Fläche für den Versand wieder geräumt werden, erkennt das Gerät die alte Fahrspur und damit die Position jeder einzelnen Pflanze. Mit den Daten lassen sich darüber hinaus auch alle anderen Pflegemaßnahmen abwickeln, von der Bewässerung über die Düngung bis hin zum Stutzen.