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Langfinger

Ein Artikel von Ing. Gerald Stiptschitsch | 21.01.2005 - 10:44
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Ladendiebstähle lassen sich nie ganz verhindern, es gibt aber Möglichkeiten, sie ohne teure Investitionen zu reduzieren. Nicht nur Supermärkte und große Kaufhäuser sind von Diebstählen betroffen, auch Einzelhandelsgärtnereien, mittlere Gartencenter und Blumenhandlungen. Dabei handelt es sich selten um „Profis“, meist sind es unbescholtene Bürger.Diebe in Blumenfachgeschäften sind meist Gelegenheitsdiebe, da selten etwas für professionelle „Klauer“ geboten wird. Schätzungen zufolge gehen etwa 1 % des Umsatzes auf diese Weise verloren. Fasst man die gesamten Inventarverluste inklusive Schwund im Lager und Unterschlagungen durch Mitarbeiter zusammen, sind das schon 3 %. Erkennbar werden die Verluste erst, wenn ein Warenwirtschaftssystem geführt wird.

Verhaltensmuster. Diebe kommen aus allen Gesellschaftsschichten und sind unabhängig von Alter oder gesellschaftlicher Schicht. Bei ihnen handelt es sich meist um „normale“ Menschen, die an ihrem Aussehen nicht erkennbar sind, häufig sogar um Stammkunden. Laut Polizeiangaben handelt es sich bei 50 % der erwischten Ladendiebe um bestens Bekannte, von denen sich viele eine Art selbstgewählten Rabatt gewähren.Leute mit Absicht eines Diebstahls sind meist an ihrem auffälligen Verhalten erkennbar:
• Die Person hält sich ungewöhnlich lange an einem Platz auf, um die Lage zu sondieren.
• In seinem Blickfeld befindet sich meist das gesamte Umfeld, weniger die Ware im Einzelnen. Er blickt vielfach seitwärts und beachtet das Verkaufspersonal.
• Ladendiebe interessieren sich für alles, nehmen hier und dort etwas in die Hand, legen es wieder weg und warten auf einen günstigen Moment, um es unauffällig einzustecken.
• Potenzielle Diebe kommen immer wieder auf den selben Punkt zurück, da sie sich auf einen für sie interessanten Bereich fixieren und eine gute Gelegenheit nutzen.Wichtig ist, dass das Personal darauf geschult wird, um auffälliges Verhalten zu registrieren und die Diebstahlsabsicht zu vereitelt.

Abschreckende Wirkung. Technische Hilfsmittel haben mehr eine abschreckende Wirkung, als dass sie für die Aufdeckung und Aufklärung von Diebstählen dienen. Dazu müssen sie sichtbar sein bzw. kann mit Schildern und Tafeln darauf hingewiesen werden.

Auf den Kunden zugehen. Erfahrungen haben gezeigt, dass eine freundliche Atmosphäre und intensiver Blickkontakt zum Kunden diesen vom Diebstahlvorhaben meist abhält. Die Leute zuvorkommend grüßen und ihn ansehen ist immer richtig, auch wenn es sich nicht um einen Dieb, sondern um einen ratlosen Kunden handelt.Hinschauen verunsichert Diebe und eine persönliche Ansprache signalisiert, dass Sie in der Nähe sind: „Wenn Sie Hilfe brauchen, wenden Sie sich gerne an mich, ich bin in Ihrer Nähe.“Der Kunde muss das Gefühl haben, Mittelpunkt des Geschäftes zu sein. Oft haben Nebenarbeiten wie Regal schlichten deutlich Vorrang gegenüber dem Kunden. Auch ist es Unsitte, dass kleine Grüppchen des Personals zusammenstehen und untereinander Gespräche führen, ohne Kunden wahrzunehmen.Wichtig ist, dass Mitarbeiter auf das Thema Ladendiebstal sensibilisiert werden und auf Kunden achten. Vor allem bei starken Geschäftsfrequenzen und bei Ausstellungen und Veranstaltungen sollten Mitarbeiter gut erkennbar sein, z. B. durch einheitliche Kleidung.

Wert der Ware. Mitarbeiter sind sich über den Wert der Ware selten zu wenig bewusst, gehen manchmal damit verantwortungslos um und haben auch das Nachsehen dem Kunden gegenüber, wenn mal etwas in die Tasche wandert. Stellen Sie sich vor, in den Regalen liegt statt der Ware der Wert in Bargeld. Der Umgang damit würde sich schlagartig ändern. Das zeigt sich auch darin, dass beim Fehlen von 20 Euro in der Kassa verzweifelt danach gesucht wird, die fehlende Ware um 20 Euro jedoch hingenommen wird.

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Optimale Präsentation. Es liegt aber nicht nur am Personal oder den Überwachungssystemen, ob der Kunde zum Diebstahl eingeladen wird, sondern auch an der entsprechenden Warenpräsentation und Verkaufsflächengestaltung. Versteckte, schlecht einsehbare Ecken bieten mehr Möglichkeiten für Langfinger als übersichtlich und klar gegliederte Präsentationen. Tote Ecken sollten nur für Dekorationen genutzt werden. Sinnvoll ist es, mit den Mitarbeitern die Verkaufsflächen auf Diebstahlssicherheit zu checken und festzustellen, wie „diebstahlssicher“ die einzelnen Bereiche sind. Gleichzeitig wird damit das Bewusstsein des Teams für das Problem Ladendiebstahl gestärkt.Eine klare Kundenführung mit nur einem Ausgang an der Kassa vorbei hilft, Diebstähle zu vermeiden. Gleiches gilt auch für den Freiverkauf. Kleinwaren sind möglichst im Blickfeld von Mitarbeitern zu platzieren. Preisauszeichnung sollte nicht vertauscht oder verändert werden können. Ein Vertauschen fällt rechtlich gesehen unter Betrug.

Stehen bleiben! Dreiste Diebe gehen seelenruhig mit der gestohlenen Ware – etwa einer Steige Sommerblumen – aus dem Geschäft. Wird er darauf angesprochen, wird oft mit „...habe ich vergessen“ oder „... wollte ich gerade bezahlen“ geantwortet. Hier ist Fingerspitzengefühl erforderlich, um den wirklich vergesslichen Kunden nicht zu kriminalisieren, obwohl das erfahrungsgemäß nur bei wenigen Leuten der Fall ist.Die Probleme beginnen dann oft erst, wenn man den Dieb erwischt. Dann sind Rechtsgrundsätze zu beachten, um sich nicht selbst strafbar zu machen.Einschreiten darf man erst dann, wenn man sich sicher ist, dass der Kunde gestohlen hat. Das ist dann der Fall, wenn der Kunde ohne zu zahlen bei der Kassa vorbeigeht oder das Geschäft verlässt. Ware, die sich in der Tasche befindet, man aber noch nicht die Kassa passiert oder das Geschäft verlassen hat, ist noch nicht gestohlen. Wird der Dieb erwischt und die Ware verschwindet bis zur Personalienfeststellung, ist dies ebenfalls eine strafbare Handlung.

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Was man darf. Ist sicher, dass der Kunde gestohlen hat, darf der Geschäftsinhaber oder Verkäufer:
• ihm die gestohlene Ware wieder abnehmen
• die Personalien erfragen
• den Dieb bis zum Anhalten verfolgen
• ihn hindern, mit dem Auto zu flüchten
• Strafanzeige erstatten
• Hausverbot erteilen.
Ist die Ware beschädigt, hat der Geschäftsinhaber Anspruch auf Schadenersatz. Damit man nicht selbst in Konflikt mit dem Gesetz kommt, sollte Folgendes vermieden werden:• eine körperliche Durchsuchung vornehmen,
• als Mann mit Diebinnen alleine in einem Raum sein,
• Geständnisse und Schulderkenntnisse durch Drohung erzwingen,
• beleidigende Ausdrücke verwenden.
Bei einem Diebstahl ist der Vorfall detailliert aufzuschreiben, sind Zeugen zu benennen und eine Kopie des Vorfalls aufzuheben.Wenn Sie einen Ladendieb stellen, bleiben Sie ruhig und höflich und führen Sie das Gespräch mit dem Dieb nie alleine. Bitten Sie den Dieb – sofern möglich – diskret in die Büroräume. Bei Schwierigkeiten rufen Sie sofort die Polizei.Jeder Diebstahl sollte zur Anzeige gebracht werden, nur so erreicht man eine abschreckende Wirkung.

Elektronische Warensicherung

Die Einkaufsatmosphäre leidet durch Spiegel, Kameras und andere sichtbare Überwachungssysteme. Ehrliche Kunden fühlen sich überwacht und in ihrem Kaufverhalten gehemmt.Elektronische Sicherheitssysteme gewinnen in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung, da in diesen Fällen nicht der Kunde, sondern die Ware überwacht wird – mittels Spezialetiketten, die Magnetstreifen oder Mikrofilmstreifen enthalten und an der Kassa durch Scanner oder speziellen Vorrichtungen unter dem Tisch deaktiviert werden.
Nimmt der Dieb Ware mit, die nicht über die Kassa das Geschäft verlässt, wird an der Schleuße ein akustisches Signal aktiviert.Obwohl dieses System in niederländischen Gärtnereien bereits zum Standard zählt, ist es für kleine und mittlere Betriebe aufgrund der hohen Kosten kaum interessant. Gegebenenfalls kann man Sicherheitssysteme und technische Überwachungsmittel auch zu mieten, wobei man mit Kosten von mindestens 250 Euro pro Monat rechnen muss.
Wer sich ein solches System anschaffen möchte, muss die Kosten im Verhältnis zu den verhinderten Diebstählen sehen. Erfahrungsgemäß lassen sich 60 % der Diebstähle einschränken. Geht man von einem Umsatzverlust von 3 % aus ergibt sich durch die Installation eines sycherheitssystems ein Mehrumsatz von 1,8 %. Die Mindestkosten für ein elektronisches Warensicherungssystem inkl. Etiketten und Personaleinarbeitung betragen mindestens 10.000 €. Für kleine Betriebe reicht ein Überwachungssystem für unter 3.000 € aus.

Die Tricks der Diebe

Diebe arbeiten meist mit Hilfsmitteln:
• Taschen und Rucksäcke rangieren dabei auf Platz 1. Aus gutem Grund ist oft die Mitnahme von Taschen nicht gewünscht. Eine rechtliche Handhabe zur Taschenkontrolle besteht nur bei begründetem Verdacht. Der Kontrollierende muss den Kunden zunächst fragen, ob er in die Tasche sehen darf. Er darf darin auch nicht herumwühlen. Diebe können es daher darauf anlegen, Ware im Rucksack unter anderen Waren zu verstecken und eine Durchsuchung zu verweigern.
• Die kalte Jahreszeit macht es Dieben besonders leicht, kleine Artikel im Mantel oder der Jackentasche verschwinden zu lassen.
• Beliebt sind Kinderwagen, die zahlreiche Versteckmöglichkeiten bieten. Wie bei Taschen ist es aber auch hier möglich, dass nicht immer die Absicht eines Diebstahls besteht und im Netz des Kinderwagens vergessen wurde. Hier ist es sinnvoll, den Kunden anzusprechen und ihn zu bitten, die Ware auf den Tisch zu legen.
• Regenschirme sind ebenfalls beliebtes Hilfsmittel und vor allem dann auffällig, wenn ein Kunde mit Schirm das Geschäft betritt, obwohl es nicht regnet.
• Grußkarten lassen sich gut in Zeitungen verstecken und auch Motorradhelme kommen häufig zum Einsatz.
• Kassabons nicht liegen lassen. der potenzielle Dieb besorgt sich an der Kassa von einem anderen Kunden den Bon, den dieser liegen ließ, sucht die Ware und verlässt das Geschäft mit der Begründung, er hat die Ware schon bezahlt. In diesem Fall ist die aufgedruckte Uhrzeit wertlos.

Vorbeugende Maßnahmen

• Licht auf dunkle Ecken richten
• Kassa strategisch günstig platzieren
• Zwischeninventuren durchführen
• regelmäßige Personalbesprechungen
• blinkende Kameras
• Hinweisschilder auf Videoüberwachung
• elektronische Artikelsicherung
• aufmerksames Personal
• kleine Produkte in Sichtweite positionieren