Während die Frühlingsblüher nach oben streben und es sich daher empfiehlt, diesem Drang auch gestalterisch Rechnung zu tragen, lassen die herbstlichen Boten seitlich ausschwingende – ja gar abfließende Verläufe zu.
Seit der Einsicht, dass aus den Eigenheiten der Floralien formale Konsequenzen folgen müssen, steht das Formenrepertoire der allgemeinen Floristik diversifiziert im Raum. Wer beim Gestalten auch denkt und darüber hinaus den Werkstoff respektiert, sprich, sich von ihm leiten lässt, der hat auch keine Mühe zu akzeptieren, dass gewisse Straußformen sich nur zu bestimmten Zeiten realisieren lassen. Das ist für viele aber nach wie vor ein eher neuer Denkansatz.
Die Gastronomen machen es uns vor
Es ist möglich, dass unsere Branche sich hier etwas von der Kochkunst abgeschaut hat. Abgeschaut im positiven Sinn, denn hier hat sich einiges zum Guten gewendet… Mit dem Sinnes- und Bewusstseinswandel, dass Saisongerechtigkeit allerorts geschätzt und gelebt wird, rücken einzelne Rezepte ins Blickfeld und verschwinden von da auch wieder – je nach Jahreszeit eben. Während es in den 80er-Jahren kaum jemandem in den Sinn kam, dass es unverantwortlich und absurd ist, Spargel zu Weihnachten oder Wintergemüse im Hochsommer zu konsumieren, würde man heute darüber unverhohlen die Nase rümpfen. Wir Floristen verhalten uns seit einiger Zeit ähnlich und das ist gut so.
Es gibt gestalterische Möglichkeiten, die sind für den einen oder anderen Werkstoff oder die jeweilige Jahreszeit herrlich und für andere ein absolutes NO-GO. Nach dem jahrzehntelangen „für meine formale Absicht muss alles herhalten“ ein krasser Sinneswandel. Aber auch der Beweis für einen subtileren Umgang mit den gewachsenen Dingen.
Machbarkeitsstudien stehen am Anfang
Das erklärt teilweise, weshalb die Trenddiktate gänzlich aus der Mode gekommen sind. Trend ist heute, was gut ist. Und gut ist es, weil es auf den richtigen Überlegungen basiert und das Denken lässt sich eher schlecht auslagern. Also entscheidet der zeitgemäße Formgeber mit jedem Werkstück über die Qualität seines Werkstückes selbst, indem er mehr oder weniger Gehalt mit einbringt.
Unter Gehalt kann man sicher Unterschiedliches verstehen – aber ein Punkt ist unbestritten: Gehalt hat damit zu tun, dass die Beteiligten einverstanden sind. Das hört sich komplizierter an als es ist. Wer die Blüten und Pflanzen ein klein wenig kennt und schätzt, der vollzieht diese Machbarstudie in Sekundenschnelle, gedanklich und geleitet von der Absicht, dem Werkstoff nichts Absurdes antun zu wollen.