Die Pflanze mit dem außergewöhnlichen Erscheinungsbild bevorzugt dort ein feuchtwarmes Klima, halbschattige Waldränder und humusreiche, lockere Waldböden. Ähnliche Bedingungen gilt es im Gewächshaus zu schaffen: Anthurien brauchen eine hohe Luftfeuchte und ein durchlässiges, luftiges, trotzdem feuchtes Substrat. Negativ reagieren sie auf Temperaturschwankungen und direkte Sonneneinstrahlung.
Österreichische Produktion unmöglich?
Die Anzucht von Anthura ist nach Auskunft sämtlicher österreichischer Gartenbauberater äußerst schwierig und letztlich durch hohe Energiekosten und dem Konkurrenz- bzw. Preisdruck von Großproduzenten aus dem Ausland unrentabel. Ein Wiener Gartenbaubetrieb hat diese Marktnische trotz aller Widrigkeiten für sich entdeckt und kultiviert seit fünf Jahren auf einer Fläche von 1.900 m² Schnittanthurien. Ungeachtet großer Bedenken und Warnungen seitens Gärtnerkollegen und Großproduzenten ließ sich Herbert Jedletzberger, Simmering/W nicht von seinem Jugendtraum abbringen, die tropisch anmutende Pflanze zu ziehen. Weitere Auspflanzungen sind für nächstes Jahr geplant.
Kultivierung verändert
Vor einiger Zeit war es üblich, Anthurien in Erde zu pflanzen. Ein Großteil der Anthuraproduzenten in Holland verwendet derzeit zerkleinerte Steckschwämme als Substrat. Auf Grund positiver Erfahrungen entschloss sich Jedletzberger für die Pflanzung in Perlit. Die Körnung des Vulkangesteins beträgt drei bis sechs Millimeter und soll so wenig wie möglich Staubanteil aufweisen.
Über Absatz und Kultivierungsprobleme
Der höchste Kostenfaktor bei der Kultivierung sind die hohen Energiekosten. Laut Jedletzberger ist daher nur die Kultivierung in neuen bzw. optimal gewarteten Gewächshäusern sinnvoll. Seine sechs Jahre alten Glashäuser sind mit Doppelglas, doppelten Energieschirmen oben und Seitenschirmen ausgestattet. Geheizt wird mittels Fernwärme. Der Absatz der Anthurien stellt für Jedletzberger kein Problem dar. Seine Schnittanthurien werden zu 100 % über den Großmarkt in Inzersdorf (an Kunden aus Wien, Niederösterreich, Stmk.) vermarktet. Die Preise sind bei Jedletzberger kaum Schwankungen unterworfen (je nach Größe und Qualität € 1 bis 2,20 pro Stück).Gedüngt wird im Betrieb Jedletzberger über ein geschlossenes System, gegossen mit Regenwasser. Weiters wichtig ist die regelmäßige Entfernung der Blätter (pro Pflanze ein bis zwei Blätter belassen). In der Gärtnerei Jedletzberger wird dies während der gesamten Produktion über gemacht.
Klima und eine hohe Luftfeuchtigkeit sind weitere essentielle Faktoren bei der Kultivierung von Anthurien. Die Luftfeuchtigkeit erreicht in den Gewächshäusern von Jedletzberger 70 bis 80 %. Als das absolute Minimum erachtet der Gärtner eine Temperatur von 18 °C während der Nachtstunden. Tagsüber sollte die Temperatur nicht über 28 °C steigen. Geheizt wird in der Gärtnerei Jedletzberger auf maximal 22 °C, je nach Jahreszeit oder Temperatur können die Werte auch höher liegen. Nach Expertenaussagen wirken sich Temperaturen unter 15 °C bzw. über 30 °C negativ auf die Pflanzenproduktion aus.
Sorten und Haltbarkeit
Die rote Sorte „Tropical“ ist eine der Hauptsorten. Die Sorten „Senator“, „Tropic Night“, „Choco“, „Terra“, „Midori“, „Cheers“, „Champagne“, „Salvo“, „Maxima Elegancia“, „Maxima Verde“, „Chichas“, „Coto Paxi“ und „Tropical“ werden in der Gärtnerei Jedletzberger je nach Anlass vom Kunden ausgesucht. Die Haltbarkeit der Sorten schwankt zwischen drei und sechs Wochen. Ein Vorteil beim Verkauf von heimischen Anthurien sind kurze Transportwege und die daraus resultierende lange Haltbarkeit. Beim Transport zum Großmarkt werden die Anthurien stehend in Kübeln befördert. Beim liegenden Transport besteht die Gefahr, dass sich die Stängel umbiegen. Ein weiterer wichtiger Faktor der Haltbarkeit ist der richtige Zeitpunkt der Ernte. Ob die Anthurien wirklich reif sind, erkennt man an der Farbe der Blüte. Die Erträge bewegen sich je nach Sorte von etwa 60 bis 140 Blüten pro m² . Jedletzberger hat gute Erfahrungen mit der Haltbarkeit einzelner Sorten gemacht. So ist zum Beispiel Midori nach Züchterangaben mit etwa drei Wochen Haltbarkeit datiert. Die Erfahrungen des Gärtners liegen bei einer Haltbarkeit von sechs Wochen. Die Jungpflanzen kauft Jedletzberger aus Holland zu.
Grundsätze bei der Produktion
Starke Temperaturschwankungen müssen vermieden werden, sie verursachen Wachstumsstockungen. Die Nutzungsdauer der Kultur beträgt etwa sechs Jahre. Nach dem Hauptwachstum im Sommer werden im September die Wassergaben eingeschränkt, die Pflanzen stärkerer Belichtung ausgesetzt und die Temperatur um 18 bis 20 °C gehalten. Werden sie wärmer gehalten, blühen sie später. Mit dem Einsetzen des neuen Triebes – etwa ab Jänner – sollte wieder ein wärmeres Klima geschaffen werden. Die Bodenwärme sollte auf 22 bis 25 °C angehoben werden. Mehr Licht bedeutet mehr Ertrag, jedoch mit Einschränkungen: Eine höhere Einstrahlung bedeutet ein höheres Risiko für Korkflecken an den Blättern. Ebenfalls möglich ist ein Verblassen oder Verbrennen der Blüten, vor allem wenn es gleichzeitig zu trocken ist. Anthurien verlangen eine gute Ernährung. Bei zu hohen Salzgehalten bzw. Bodenfeuchte können jedoch gelbe Blätter oder Blattspitzen, Blattflecken wie auch kranke Wurzeln entstehen. Anthurien sind lang haltbare Schnittblumen, vorausgesetzt sie werden nicht zu früh geerntet. Bei zu niedrigen Temperaturen geschnittene Blumen können glasig aussehen, ohne erfroren zu sein. Beim Transport muss daher darauf geachtet werden, dass nicht gekühlt wird (nicht gemeinsam mit Rosen oder Nelken transportieren).
Krankheiten und Schädlinge
Durch hohe Temperaturen und Luftfeuchte sind Anthurien-Aussaaten anfällig auf Vermehrungspilze. An größeren Pflanzen kann die Septoria-Blattfleckenkrankheit auftreten. Auf den Blättern zeigen sich zunächst kleine gelbe Stellen, die sich zu scharf umgrenzten, graubraunen Flecken mit gelbem Rand vergrößern. Auf den abgestorbenen Geweben im mittleren Teil der Flecken sind dann punktförmige kleine schwarze Sporengehäuse erkennbar. Die größten Ausfälle bei Anthurien verursacht das Bakterium Xanthomonas axonopodas pv. dieffenbachia. Pseudomonas solanacearum führt ebenso zu beträchtlichen Ernteeinbußen. Zertifiziertes Pflanzgut kann eine Infektion verhindern. Eine Schädigung der Pflanzen durch die Brennfleckenkrankheit ist ebenfalls denkbar. Dabei treten auf den Blüten graue bis braune, scharf umgrenzte, zusammenfließende, runde Flecken auf. Zu den tierischen Hauptschädlingen gehören u. a. Thripse und rote Spinne.
Jungpflanzenproduktion
Der Anthurienproduzent Anthura vermehrt Anthuriumjungpflanzen für die Topf- und Schnittkultur auf einer Gewächshausfläche von 18,5 Hektar. Weitere Schwerpunkte der Firma sind die Veredlung, Selektion und Vermehrung von Orchideen (Phalaenopsis, Cambria und Masdevallia) für die Topf- und Schnittkultur. Bromelien komplettieren das Sortiment. Die Niederlassung in den Niederlanden beschäftigt 194 Mitarbeiter, während in Deutschland 66 Arbeiter angestellt sind.