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Kraut für die Braut

Ein Artikel von Ing. Gerald Stiptschitsch | 01.04.2005 - 14:39
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Blumen bei Hochzeiten haben in unseren Kulturkreisen heute fast ausschließlich nur noch Zierwert. Das war nicht immer so: Noch bis vor kurzem wurden Blumen als Symbolpflanzen herangezogen: Zarte, weiße Blumen betonten die Jungfräulichkeit, immergrüne Pflanzen bedeuteten immerwährende Liebe, Vertrauen und Treue. Früchte dienten dazu, um Kinderglück zu verkörpern.

Götter gnädig stimmen. Die ursprüngliche Verwendung von Pflanzen bei Hochzeiten hatte aber eine ganz andere Bedeutung. Bereits vor Jahrtausenden wurde das Eheglück von den Eltern bestimmt, erst bei der Vermählung selbst lernten sich Braut und Bräutigam zum ersten Mal kennen. Damit ihnen ihr Schicksal gnädig war, nahmen sie Pflanzen zu Hilfe, die als direkter Draht zu den Göttern dienten und diese wohlwollend stimmen sollten. Blumen zu Hochzeiten wurden mit Spiritualismus und Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht.

Von den Kräutern zur Rose. In früheren Zeiten wurde wenig auf Blütenreichtum und bunte Farben bei der Auswahl der Pflanzen für die Hochzeit geachtet, sondern auf deren Bedeutung und Wirkung als Orakelpflanze, so dass vielfach Kräuter zum Einsatz kamen. Nach dem Motto „Ich trete auf Pimpernelle, Salz und Dill, wenn ich rede bist du still“ trugen viele Bräute Kräuter in ihren Schuhen. In Griechenland bekränzte sich der Bräutigam mit Minze, damit ihm durch den lösenden Duft so manche Angst genommen wurde. Baldrian, Majoran, Thymian, Minze und Veilchen waren Standardpflanzen bei Hochzeiten und sollten nicht zuletzt die oft herrschenden strengen Gerüche damaliger Zeit überdecken.
Rosmarin stand als Hochzeitskraut besonders hoch im Kurs: Der Duft soll das Gedächtnis stärken und die Ehe auf dauerhaften Kurs lenken.

Brautpflanze Nummer 1. Zur Brautpflanze schlechthin entwickelte sich die Myrte, die häufig in Kranzform auf dem Kopf der Braut getragen wurde. Die feinen Zweige und Blüten betonen die Anmut der Braut, das immergrüne Laub zeugt von Beständigkeit und Lebenskraft, der süße Duft verkörpert die bevorstehende Lebensfreude.
Bereits Aphrodite und Adonis, die griechischen Götter, bekränzten sich der Sage nach mit Myrte.
Bis ins Mittelalter war es im Christentum verboten, Myrte als Hochzeitsschmuck zu tragen. Erst 1583 trat die Tochter von Jakob Fuggers in Augsburg/D mit dieser Pflanze vor den Altar und löste eine Begeisterung aus, so dass der Rosmarin durch die Myrte abgelöst wurde. Bis heute noch ist die Myrte die Brautpflanze Nummer 1, auch wenn diese zuletzt durch die Rose abgelöst wurde.

Die Rose ist heute die beliebteste Blume im Brautstrauß, auch wenn man sie selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft noch selten sah.
Im 19. Jahrhundert galt es in Schottland als schlechtes Omen, wenn eine Braut rote Rosen trug. In anderen Ländern wurde aber gerade die rote Rose zum Symbol des Glücks.
Anfangs bekränzten sich noch Soldaten mit Rosen, bevor sich die Blume wegen ihrer Schönheit und des betörenden Duftes zur Liebespflanze entwickelte.
Vielfach werden heute weiße Rosen bei Hochzeiten verwendet, da sie die Reinheit verkörpern. Ebenso Klassiker bei Hochzeiten sind Lilien, die mit ihrer weißen Blüte die Reinheit der Braut wie keine andere Blume symbolisiert.

Bäuerliche Hochzeit. Praktisch nicht mehr in Gebrauch sind Veilchen bei Hochzeiten. Sie waren früher im Brautstrauß sehr häufig vertreten und hatten vor allem bei bäuerlichen Hochzeiten in der Romantik Hochkonjunktur. Das Veilchen stand für Jungfräulichkeit und die eben erst erwachende Liebe.

Ungeniert romantisch. Dass die Hochzeit ein besonderer Anlass ist, erkennt man heute an der Wahl und am Reichtum der Blumen, die in Üppigkeit gestaltet Freude verkörpern und das Hochzeitsfest entsprechend werten. Der Brautstrauß und Blumenschmuck sind eine ungeniert romantische Geste und einer der wichtigsten Bestandteile der Hochzeitsfeier. Ihre Funktion als Symbolpflanze haben sie heute jedoch weitgehend verloren.